Den ganzen Tag im kuscheligen Büro sitzen – da kann doch nichts passieren. Das zumindest dachten sicher einige, als sie sich für einen Bürojob entschieden haben. Doch dem ist leider nicht so. Mittlerweile weiß man, dass Arbeit auf Dauer krank machen kann und der Arbeitsplatz im Büro da keine Ausnahme bildet. Es gibt viele typische Bürokrankheiten – eine der am häufigsten auftretenden ist neben unterschiedlichen Rückenbeschwerden das Karpaltunnelsyndrom.
Doch was genau ist das Karpaltunnelsyndrom? Wodurch entsteht es und was kann man dagegen tun? Wir haben die wichtigsten Informationen im folgenden Beitrag für Sie zusammengestellt.
Was genau ist das Karpaltunnelsyndrom?
Wenn Finger einschlafen oder kribbeln, denkt man in der Regel an nichts Böses. Doch wenn Missempfindungen und Schmerzen dazu kommen und das Halten einer Tasse oder das Schreiben auf einer Tastatur zum Problem werden, sieht das schon anders aus. Denn das alles sind Symptome eines sogenannten Karpaltunnelsyndroms – einer Erkrankung, an der in Deutschland 3-10% der Bevölkerung leiden, wobei Frauen deutlich häufiger betroffen sind als Männer.
Das Karpaltunnelsyndrom (KTS, auch Carpaltunnelsyndrom CTS) ist ein Krankheitsbild, welches das Handgelenk betrifft und seit 2015 auch eine anerkannte Berufskrankheit (1). Beim KTS kommt es zur Schädigung eines Nervs im Handgelenksbereich – und zwar des Nervus Medianus, was so viel wie Mittelnerv bedeutet. Dieser Nerv verläuft von der Halswirbelsäule ausgehend über die Schulter, den gesamten Arm bis zum Zeigefinger, Mittelfinger und Daumen und passiert hierbei eine Engstelle am Handgelenk – dem sogenannten Karpaltunnel.
Arbeiten am Computer kann eine Ursache für ein Karpaltunnelsyndrom sein. (2) Schuld daran sind Fehlstellungen im Handgelenk, ausgelöst durch die Handhabung der Computermaus, das Schreiben auf einer – aus ergonomischer Sicht – unzureichenden Tastatur, aber auch durch eine falsche Sitzhaltung, bedingt durch nicht ergonomische Büromöbel.
Der Knackpunkt
Der Karpaltunnel ist eine enge Passage zwischen dem sogenannten Karpalband – Ligamentum carpi transversum – und den Handwurzelknochen.
Diese enge Stelle müssen der Mittelnerv und einige Sehnen der Handmuskulatur passieren. Kommt es in dem Tunnel zu einer Verengung aus unterschiedlichen Gründen, leiden darunter die Sehnen und der Nervus Medianus, was verschiedene Symptome zur Folge hat.
Typische Symptome eines Karpaltunnelsyndroms
Da der Karpaltunnel bereits von Natur aus eine äußerst enge Gasse darstellt, ist dieser Bereich sehr anfällig für Überlastungen. Der Nervus Medianus versorgt gleich mehrere Bereiche der Hand , sodass es durch dessen Schädigung zu unterschiedlichen Symptomen kommen kann:
- Kribbeln in den Fingern – Zeigefinger, Mittelfinger und Daumen (Schwurhand)
- Taubheitsgefühl in Fingern und Hand
- Schwellungen der Finger
- Schmerzen in den Fingern, die bis in den Arm ausstrahlen können
- Kraftverlust der Hand
- Muskelatrophien (Abnahme/Rückbildung der Handmuskulatur)
- Missempfindungen in Fingern und Hand
- Funktionsstörungen und Lähmungen
Anfangsstadium
Anfänglich werden die ersten Symptome wie das Kribbeln in den Fingern nur zeitweise wahrgenommen. Sie treten nicht unbedingt bei der Arbeit am Schreibtisch auf, sondern vermehrt in der Nacht oder in Ruhephasen. Im Anfangsstadium verschwinden sie wieder, wenn Betroffene die Hand bewegen, schütteln oder reiben. Auch beim Fahrradfahren oder Telefonieren kommt es häufig zu Symptomen wie Kribbeln und einem Taubheitsgefühl vom Daumen bis zum Mittelfinger.
Die Ursachen
Die Ursachen für die Entstehung eines Karpaltunnelsyndroms sind typischerweise sich ständig wiederholende Bewegungen der Hand bzw. des Handgelenks, wie das Strecken und Beugen. Auch wenn Sie die Hand dauerhaft über mehrere Stunden in einer ungünstigen Position halten, wie das zum Beispiel beim Bedienen einer Maus oder einer nicht ergonomischen Tastatur am Schreibtisch der Fall ist, kann das zu Problemen führen. Werden diese Bewegungen unter hoher Belastung ausgeführt, erhöht sich noch der Reiz auf Nerven und Sehnen. So kommt es zu Entzündungen und Schwellungen, und der Platz reicht nicht mehr aus.
Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung fast es wie folgt zusammen:
Ein erhöhtes Risiko für das Karpaltunnelsyndrom entsteht, wenn Beschäftigte repetitive manuelle Tätigkeiten ausführen müssen. Darunter fallen Arbeiten mit ständig wiederkehrenden, gleichartigen Hand-, Arm- und/oder Schulter-Bewegungen, die mindestens über eine Stunde ohne längere Pausen ausgeführt werden. (3)
Das Portal „Arbeit & Gesundheit“ der DGUV
Es gibt allerdings auch noch andere Dinge, die ursächlich für ein Karpaltunnelsyndrom sein können, wie zum Beispiel:
- hormonelle Veränderungen durch Schwangerschaft oder Schilddrüsenunterfunktion
- Diabetes
- Schwellungen der Sehnenscheiden
- Arthrose
- knöcherne Fehlstellungen nach Frakturen im Handgelenksbereich
- Verrenkungen der Handwurzelknochen
- Tumore oder Ganglien (Nervenknoten)
Mittlerweile belegen Studien, dass im Zusammenhang mit der steigenden Zahl von Büroarbeitern eine deutliche Zunahme der Diagnose Karpaltunnelsyndrom verzeichnet wurde. Aufgrund der immer gleichen Bewegungen, die ein Bildschirmarbeitsplatz und die damit einhergehenden einseitigen Belastungen von Händen, Armen und dem Schulter-Nackenbereich mit sich bringen sind Beschwerden vorprogrammiert.
Nicht umsonst zählen Schädigungen wie beispielsweise Bandscheibenvorfälle im HWS Bereich, Sehnenscheidenentzündungen, der Mausarm oder eben auch das KTS zu den am häufigsten auftretenden Bürokrankheiten in der heutigen Zeit.
Sowohl die HWS-Beschwerden, als auch die Probleme mit den Sehnenscheiden und dem Karpaltunnel resultieren häufig aus falsch bzw. nicht ergonomisch eingerichteten Arbeitsplätzen. Ungünstige Körperhaltungen- dazu gehört auch die dauerhafte Flexion im Handgelenk (4) – führen auf Dauer immer zu körperlichen Problemen. Ein nicht verstellbarer Schreibtisch kann beispielsweise dafür sorgen, dass die Wirbelsäule nicht optimal eingestellt ist, was unweigerlich zu Fehlhaltungen im Schultergürtel, den Armen und Handgelenken und damit in der Folge häufig zu gesundheitlichen Beschwerden führt. Genauso kann ein Bürostuhl ohne Möglichkeiten der Höhenverstellbarkeit ungesunde Körperhaltungen begünstigen. Das Gleiche gilt für eine nicht ergonomische Tastatur und Computermaus.
Präventiver Einsatz ergonomischer Büromöbel mit Blick auf das Karpaltunnelsyndrom
Laut Experten resultieren die typischen Beschwerden an einem Büro- Arbeitsplatz nicht aus der Arbeit selbst, sondern eher aus der Bewegungslosigkeit während der Arbeit zum einen und der oftmals sehr schlechten dauerhaften Körperhaltung durch ungenügend geeignete Büromöbel auf der anderen Seit.
Eine ergonomische Arbeitsumgebung ist neben ausreichend Bewegung und einer gesunden Ernährung eines der besten präventiven Mittel, Beschwerden wie das Karpaltunnelsyndrom zu vermeiden.
Eine solche gesundheitsfördernde Arbeitsumgebung schließt die Ausstattung mit ergonomischen Schreibtischen und Bürostühlen, welche Bewegung und Dynamik am Arbeitsplatz unterstützen, mit ein.
Nicht umsonst schätzt die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung ungeeignete Arbeitsmittel (nicht ergonomische Tastatur) und unergonomische Arbeitsplätze als Belastungen ein, die unweigerlich zu gesundheitlichen Beschwerden führen (5). Ebenso betont die DGUV in ihrer Broschüre zur Büroarbeit:
Nicht „die“ Sitzposition, sondern die Dynamik des Sitzens ist entscheidend –die „nächste (Sitz-) Position ist deshalb die beste.(6)
Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft DG Bau
Ergonomische Bürostühle machen genau das möglich, indem sie wechselnde Sitzpositionen optimal unterstützen. Ebenso passen ergonomische, elektrisch höhenverstellbare Schreibtische in das Konzept des dynamischen Sitzens.
Tipps zur Prophylaxe
Oftmals ist eine Behandlung eines Karpaltunnelsyndroms durch einen Arzt unumgänglich, denn in den meisten Fällen verschwinden die Beschwerden nicht einfach so. Es sei denn, man bewegt sich bereits im Anfangsstadium aus der ursächlichen Situation heraus.
Je nach Schwere der Nervenschädigung werden unterschiedliche Behandlungsmethoden angewandt, wobei die Operation nur als letzte Möglichkeit in Betracht gezogen werden sollte. Viele Patienten haben nach einer OP trotzdem Beschwerden. Und mittlerweile gilt es als erwiesen, dass die konservative Behandlung mit Manueller Therapie über ein Jahr genauso erfolgreich ist wie eine OP (7).
Im Büro kann außerdem prophylaktisch einiges getan werden, damit ein Karpaltunnelsyndrom gar nicht erst in Erscheinung tritt.
1. Arbeiten Sie dauerhaft an einem Schreibtisch, machen Sie mindestens 1-mal pro Stunde eine Pause, in der Sie aufstehen, sich strecken, das Fenster öffnen und vielleicht 1-2 kleine gymnastische Übungen absolvieren.
2. Wie bei vielen anderen körperlichen Beschwerden ist auch bei der Karpaltunnelsyndrom-Prävention eine gute allgemeine körperliche Fitness von Vorteil. Also gönnen Sie Ihrem Körper täglich ein kleines Stück bewegte Erholung, beispielsweise beim Tischtennis spielen mit Freunden oder dem Badminton Turnier mit der Familie.
Auch eine Nordic Walking Runde um den Block bietet sich an. Yoga und Pilates sollen aufgrund der vielen Dehnübungen die Prophylaxe ebenfalls unterstützen können.
3. Ernähren Sie sich gesund – davon profitieren Körper und Geist erwiesenermaßen und Sie fühlen sich allgemein frischer und leistungsfähiger. Zusätzlich verleiht eine gesunde Ernährung Ihrem Organismus mehr Widerstandskraft.
4. Eine ergonomische Arbeitsumgebung ist das A und O – nicht nur bei der Karpaltunnel Prophylaxe, sondern um überhaupt die körperliche Gesundheit und Unversehrtheit zu unterstützen. Dazu gehören neben einem ergonomischen Schreibtisch und Bürostuhl auch:
- Handgelenkauflagen oder ergonomische geteilte Tastaturen
- ergonomische Computermaus
- ergonomisch geformte Stifte und Schreibhilfen
Eine ergonomische Maus ist so konzipiert, dass sie eine neutrale Arm- und Handhaltung unterstützt und es somit zu keiner dauerhaften Beugung oder Überstreckung im Handgelenk kommen kann, die beide Ursachen eines KTS darstellen.
Ergonomische Tastaturen sind selbst heutzutage eine Seltenheit an deutschen Bildschirmarbeitsplätzen, obwohl die Zahl der Betroffenen, die über Verspannungen und Schmerzen im Muskel-Skelettsystem klagen, unaufhörlich steigt. Dabei wirkt eine ergonomische Tastatur durch ihr spezielles Design präventiv, unterstützt sie doch perfekt die natürliche Haltung von Händen und Armen.
Gut zu wissen In manchen Fällen kann es dazu kommen, dass der Nervus Medianus nicht im Bereich des Karpaltunnels geschädigt wird, sondern durch Überspannungen in der Halswirbelsäule (beispielsweise bei einem Bandscheibenvorfall in der HWS). Die Auswirkungen sind dann mitunter bis in die Fingerspitzen zu spüren: Kribbeln in den Händen und Taubheitsgefühl ähneln sehr den Symptomen eines Karpaltunnelsyndroms. |
Hilfe für KTS-Betroffene
Eine umfängliche Diagnose ist nötig, um die genauen Ursachen der Beschwerden herauszufinden. Leider werden Betroffene in vielen Fällen viel zu schnell operiert. Krankenkassen sind der Meinung:
Rasch zu operieren, ist meist nur bei einem seltenen akuten Karpaltunnelsyndrom nötig. (8)
BAMER Krankenkasse
Übungen bei Karpaltunnelsyndrom im Büro
Bemerken Sie erste Anzeichen für ein Karpaltunnelsyndrom, gibt es ein paar hilfreiche Übungen, die Sie auch im Büro am Schreibtisch ganz einfach durchführen können.
1. Nehmen Sie sich einen kleinen Ball – sogenannte Stressbälle sind eine gute Option – und drücken diesen kräftig ein paar Sekunden zusammen, um dann wieder locker zu lassen. Diese Übung ist einfach und kann jederzeit in Ihre Bewegungspausen integriert werden. Auch Zuhause und unterwegs ist es kein Problem, den Ball immer wieder in die Hand zu nehmen.
2. Dehnen Sie die Beuge- und Streckmuskulatur am Handgelenk. Strecken Sie dafür die Hand nach vorn und drehen die Handfläche Richtung Decke. Nun greifen Sie Ihre Fingerspitzen und ziehen zum Boden so weit es geht. Halten Sie die Dehnung mindestens 12 Sekunden und führen Sie auch diese Übung mehrmals hintereinander aus. Für die Beugemuskulatur drehen Sie die Hand und führen die Übung in die entgegengesetzte Richtung durch.
3. Legen Sie die Handflächen vor der Brust zusammen, wie bei einem Gebet, während die Fingerspitzen nach oben zeigen. Spreizen Sie nun die Finger soweit es geht und halten die Position 12 Sekunden. Auch diese Übung machen Sie mehrere Male nacheinander.
Fazit
Es wird immer deutlicher, dass ergonomische Büromöbel nicht der Bequemlichkeit der Arbeitnehmer in einem Büro dienen, sondern wichtiger Bestandteil des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz sind und außerdem dazu beitragen, die Leistungsfähigkeit der Arbeitenden aufrechtzuerhalten.
In wissenschaftlichen Kreisen gilt das positive Kosten-Nutzen-Verhältnis von betrieblicher Gesundheitsförderung, welche eine ergonomische Arbeitsplatzgestaltung mit einschließt, als unstrittig.
Eine Vielzahl entsprechender Studien belegt die positiven Effekte aus betriebswirtschaftlicher Sicht, resultierend aus einer Steigerung der Produktivität und einer gleichzeitigen Senkung von Kosten, die einem Unternehmen aufgrund von Erkrankungen ihrer Angestellten entstehen würden. (9)